Sind Sie schon einmal Küstenstreifen in Spanien oder Frankreich entlang gewandert?

Diese schmalen geschlungenen Pfade mit toller Aussicht, aber ohne jegliche Sicherung? Kein Seil, kein Zaun, oft noch nicht einmal ein Hinweis, dass es gefährlich werden könnte. In Deutschland wäre das undenkbar. Warnschilder in Leuchtfarben, Wegmarkierungen, Fangzäune, Haken für Seile und, und, und…

Ist Ihnen dann auch aufgefallen, mit welchem Schuhwerk die Menschen im Süden unterwegs sind? Teils mit Badeschlappen, sonntags auch gerne im Kleid und schicken Sandalen, tänzeln sie leichtfüßig und selbstsicher den Pfad entlang. Nun könnte man ja meinen, dass das Unfallaufkommen dort viel höher ist als bei uns, hierzu gibt es aber keine Aussagen. Was jedoch auffällt ist, dass es häufig deutsche Touristen sind die verunfallen. Warum?

Der Verdacht liegt nahe, dass zum einen das Vertrauen darin, dass schon alles abgesichert sein wird unvorsichtig macht, zum anderen animieren alarmierende „Achtung“ Schilder, wie man sie bei uns häufig sieht, auch nicht zu einer mutigen Grundhaltung, sondern eher zu Vorsicht bis Ängstlichkeit.

Wir scheinen verlernt zu haben uns selbst zu vertrauen. Auf den ersten Blick ist es beruhigend zu wissen, dass schon alles für uns geregelt ist. Verlieren wir den Job bekommen wir Arbeitslosengeld und das Arbeitsamt hilft uns bei der Suche nach neuer Arbeit. Sind wir krank oder verletzen wir uns, wird uns beim Arzt oder im Krankenhaus geholfen. Für Rechtsstreitigkeiten gibt es den Verbraucherschutz sowie den Arbeitsschutz und natürlich haben wir auch alle, mehr oder weniger, erforderlichen Versicherungen im Portfolio.

Der öffentliche Raum ist so ausgestaltet, dass auf keinen Fall etwas gefährlich ist und sollte dies einmal anders sein, werden wir darauf aufmerksam gemacht oder es wird gleich gesperrt oder geschlossen.

Beim Thema Corona und dem damit verbundenen Schutz der Öffentlichkeit, gelangte unser System an seine Grenzen. Mit Fragen wie den folgenden befassen sich unter anderem, Politiker, Journalisten, Virologen, eine Expertenkommission und Gerichte: „Was wiegt mehr? Das Recht auf Schutz von Leib und Leben des Bürgers oder seine persönliche Freiheit?“ oder „Ist der Schutz vor Krankheit durch einen bekannten Virus höher zu bewerten als der Schutz vor psychischer Unversehrtheit?“ oder „Darf die Wirtschaft, als Basis und Garant unseres Wohlstandes zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge immer weiter belastet werden?“

Es ist schwierig hier Stellung zu beziehen, es hat wohl immer etwas damit zu tun, welcher Gruppe man angehört und wie betroffen man ist. Es ist ein hehres Ziel, es aus der Metaperspektive zu betrachten und Entscheidungen zum Wohle des großen Ganzen zu treffen. Dafür wählen wir Politiker, damit sie für uns Entscheidungen treffen, deren Komplexität unseren Wissensstand überfordern. (Ja, auch das Eingestehen, etwas nicht oder gar besser zu wissen, ist irgendwo abhanden gekommen)

Natürlich sollen Politiker sich hierzu auch Expertenwissen anhören, denn auch der geneigte Politiker ist nicht allwissend. Hierzu stehen ihm reichlich Berater zur Seite, die Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen möglich machen.

Wenn aber nun unbequeme Entscheidungen getroffen werden, gehen wir hin und wählen beim nächsten Mal jemanden, der uns das Blaue vom Himmel verspricht. Eine klassische Zwickmühle, wie kann ich jemandem Vertrauen, der seine Entscheidungen davon abhängig macht, ob er bei der nächsten Wahl wieder gewählt wird?

Es gibt sicherlich wie immer für alle Seiten gute Argumente wie z.B. die Tatsache, dass die Zahl der über 100 jährigen in Deutschland 2021 bei 23.500 lag, rund 3.000 mehr als noch im Jahr zuvor, trotz Corona oder gerade wegen Corona und den damit verbundenen Schutzmaßnahmen.

Also, kommt sie jetzt? Die Zeit der Eigenverantwortung? Hinterfragen wir ab sofort unser eigenes Handeln? Ist es z.B. notwendig alleine im Auto eine Maske zu tragen? Ist es verantwortungsbewusst im übervollen Supermarkt an der Kasse keine Maske zu tragen? Ist es sinnvoll alte Menschen so sehr zu schützen, dass ihnen die einzigen Freuden, die ihnen geblieben sind genommen werden? Können wir es verantworten, dass unsere Kinder Sozialphobiker werden, weil der einzige Kontakt, den der Virenschutz (schönes Teekesselchen) zulässt, der über das Internet ist?

Oder einmal abseits von Corona, ist es wirklich gerecht, dass wir das Solidarprinzip als Selbstbedienungsladen missbrauchen? Sind immer andere für mein persönliches Leid, meine persönlichen Sorgen, meine Unzulänglichkeiten verantwortlich und haftbar zu machen? Wachsen wir nicht daran uns Herausforderungen zu stellen?

Warum können wir sportliche Herausforderungen und neudeutsch „Challenges“ jeder Art annehmen und als Bereicherung ansehen, aber die Challenge „Leben“ geben wir in die Verantwortung von anderen?

Was hat uns so klein gemacht? Im Großen und Ganzen sind wir gesund, mit ausreichend Verstand ausgestattet und einem Köper, der geradezu danach schreit, gebraucht zu werden und mit dem Gebrauch sogar immer besser wird. Wir haben meist ein erstaunlich gutes Netzwerk von Freunden, Kollegen und nicht zuletzt Familie. In der Regel leiden wir auch keine große Not.

Ja, es gibt Unterschiede und es wird auch in Zukunft wahrscheinlich immer herausfordernder.

Aber gehen Sie in sich, wie leistungsfähig sind Sie wirklich? Und wer hat Ihnen erzählt Sie könnten nichts bewegen? Wir alle können das, in Krisenzeiten zeigt es sich immer wieder. Aber warum auf die Krise warten? Jetzt aufstehen und das Leben selbst in die Hand nehmen, die versteckten Talente und Ressourcen ausgraben. Endlich die Dinge machen, die Sie schon immer tun wollten, sich aber schon lange nicht mehr zutrauten. Wie gut fühlt es sich an „selbstbestimmt, selbstbewusst und selbstwirksam“ zu sein… alles ist möglich, selten zu früh und nie zu spät… und wer weiß, vielleicht treffen wir uns leichtfüßig und ohne übertriebene Angst einmal auf einem der traumhaften Wege entlang der sonnigen Küsten.

Packen Sie es an und wenn Sie einen kleinen Anstoß brauchen, melden Sie sich…

Ich wünsche Ihnen wie immer, Glück und Zuversicht, bleiben Sie gesund,

Petra Radermacher

 

Ähnliche Beiträge