Solange man nicht betroffen ist, ist es ein Wort, dass wir mit unseren Vorstellungen füllen: Schwarze Kleidung, alte Menschen, betretenes Schweigen, Blumen, Kränze, Kirche, Tränen, Abschied… und – wir gehen diesem Wort und seiner Bedeutung gerne aus dem Weg.

Sind wir selbst betroffen wird es schwierig mit dem „aus dem Weg gehen“.

Wie weit weg wohnt die Trauer? Trauere ich um den Verstorbenen, um seine Angehörigen oder um mich und den schrecklichen Verlust, den ich erleide?

Es ist wohl immer ein wenig von Allem. Wie die Gewichtung der Anteile ist, hängt von der Stellung des Toten in unserem Leben ab.

Stirbt ein alter Mensch nach langer Krankheit, ist die Trauer um den Verstorbenen abgelöst durch die Dankbarkeit, dass sein Leiden ein Ende hat und sein Leben bis dahin hoffentlich erfüllt war.

Als Tochter oder Sohn trauert man dann um vergangene Zeiten, erinnert sich an Liebe und Geborgenheit und wird sich der Tatsache bewusst, dass man selbst immer älter wird und ohne die, zuletzt wahrscheinlich nur symbolische, schützende Hand des Elternteils auskommen muss.

Der Verlust von Freunden, Wegbegleitern und Kollegen lässt uns neben dem Schmerz, den man auf Grund des Verlustes fühlt, meist auch nachdenklich hinsichtlich unseres eigenen Lebens zurück. Habe ich bisher ausreichend „gelebt“? Was will ich unbedingt noch „erleben“? Was kann ich tun um mein „Leben“ zu verlängern?

Der Tod und die Trauer sind zum Leben gehörende Ereignisse, die jeder von uns früher oder später begleitet oder erfährt.

Schwieriger wird es, wenn der Tod nicht wie gewohnt alte Menschen betrifft. Wenn er unseren Partner viel zu früh aus dem Leben reißt, wenn Kinder zurück bleiben, die das Elternteil noch so sehr gebraucht hätten. Wir empfinden eine große Leere, Wut und Unverständnis warum das Schicksal gerade uns ausgewählt hat für diese ganz und gar verzichtbare Erfahrung. Nur langsam finden wir zurück in ein neues Leben.

Und was, wenn er, der Tod, die natürliche Reihenfolge missachtet? Wenn Kinder vor ihren Eltern aus dem Leben gerissen werden? Dann ist die Trauer lange Zeit ein scheinbar nicht enden wollendes Leid, das quälend nach dem Grund für diese Ungerechtigkeit fragt.

Nichts ist mehr wie es wahr und das wird es auch nicht mehr. Das Leben muss sich neu ordnen. Das Gleichgewicht in der Familie ist häufig aus den Fugen.

Tod und Trauer sind für die Betroffenen immer eine Ausnahmesituation die in ihrer Schwere,  in der Verarbeitung und Akzeptanz in höchstem Maße individuell sind. Keine „Trauerkonzepte“ oder „Stufen der Trauer“ sind in der Lage das Ereignis zu erfassen und zu begreifen. Sie können Richtlinien bieten, aber niemals den genauen Ablauf der individuellen Trauer wiedergeben.

Sie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein, es gibt kein richtig oder falsch in der Trauer. Der Trauernde selbst ist das Maß und nur er weiß wie sehr er leidet und wieviel Hilfe er benötigt. Als Außenstehender kann man nur da sein, zuhören und Angebote machen.

Trauer braucht Raum und Unterstützung, die eingefordert werden darf.

Die Gefahr der Verdrängung ist groß und es braucht gute Freunde, eine mitfühlende Familie und eigene Resilienz, um die Annahme und Aufarbeitung von Gefühlen nicht zu vernachlässigen.

Jeder für sich muss erkennen, was er braucht. Manche finden im Glauben ihren Frieden, denn die Ritualisierung durch die Kirche schafft einen Rahmen, der Halt geben kann. Andere verlieren in dieser Zeit ihren Glauben an einen gerechten Gott und flüchten sich in Spiritualität, wieder Anderen hilft der Austausch in Selbsthilfegruppen. Manche tauschen sich intensiv mit Seelsorgern oder Therapeuten aus. Hilfe durch ärztlich verschriebene Medikamente ist möglich, Manchen hilft Meditation Anderen Sport.

Es gibt nicht „den“ einen richtigen Weg. Jede für sich gefundene Art des Umgangs mit der Trauer und dem Verlust ist richtig und bringt uns ein Stück näher an die Aussöhnung und Akzeptanz mit dem Geschehenen.

Aussöhnung und Akzeptanz ist am Ende des Trauerprozesses, das was Erleichterung bringt. Der Weg dahin ist so individuell, wie der Tod selbst und dauert so lange, wie er dauert.

Mit Gesprächen, Verständnis von allen Beteiligten, Geduld, aber auch dem Einfordern von professioneller Hilfe, lässt sich diese Zeit des Trauerns überwinden.

Neben meinem gewohnten Wunsch nach Glück und Zuversicht für Sie, wünsche ich Ihnen heute auch zu erkennen, wenn Sie selbst oder Andere Hilfe benötigen und die nötige Kraft dann auch nach Hilfe zu fragen. Sprechen Sie mich an.

Petra Radermacher

 

Ähnliche Beiträge